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Blogreihe "Wasserstoff aktuell": Wasserstoffstrategien – Was ist das und für wen kann das interessant sein?

24. January 2022

Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger für die Energiewende und den Klimaschutz. Unsere Kapellmann Kompetenzteams Green Contracts und Erneuerbare Energien fassen für Sie in unserer Blogreihe "Wasserstoff aktuell" die wichtigsten Themen zusammen und halten Sie zu aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden.

Im ersten Teil unserer Blogreihe stellen wir Ihnen die Wasserstoffstrategien der EU und der Bundesrepublik Deutschland sowie die verschiedenen Farben, über die in diesem Kontext immer gesprochen wird, kurz vor, und erklären, für wen das Thema Wasserstoff wichtig sein wird.

1. Die Europäische Wasserstoffstrategie

Europäische Unternehmen sind bei vielen Wasserstofftechnologien wie Elektrolyseuren, Wasserstofftankstellen und großen Brennstoffzellen führend. Ziel der von der Kommission 2020 veröffentlichten Europäischen Wasserstoffstrategie ist es, die Führungsrolle der EU in diesem Bereich zu festigen. Das soll geschehen, indem für die europäische Wirtschaft eine vollständige Lieferkette sichergestellt wird und die internationale Wasserstoffagenda der EU weiterentwickelt wird. Der Wasserstoff soll vor allem ein Bindeglied für die intelligente Sektorenkopplung zwischen Strom, Wärme und Verkehr sein und die Dekarbonisierung von Verkehr und Gebäuden beschleunigen bzw. überhaupt erst ermöglichen.

Die Europäische Wasserstoffstrategie sieht insoweit drei Phasen vor:

  1. Bis 2024 soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf 1 Mio. Tonnen pro Jahr (das sind ca. 6 GW Elektrolyseleistung) steigen.
  2. Bis 2030 soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf 10 Mio. Tonnen (das heißt ca. 40 GW Elektrolyseleistung) pro Jahr erhöht werden.
  3. Ab der Zeit zwischen 2030 und 2050 soll grüner Wasserstoff in systemrelevantem Umfang hergestellt werden.

Zum Vergleich: Derzeit werden in der EU knapp 10 Mio. Tonnen Wasserstoff pro Jahr aus und mit fossilen Energieträgern hergestellt. Die Ziele sind also einigermaßen ambitioniert. Als Vorreiter für Wasserstofftechnologien in der EU gilt neben den Niederlanden auch Deutschland. Aktuellen Untersuchungen zur Folge könnte Wasserstoff im Jahr 2050 bis zu 20 % des Europäischen Energiemixes ausmachen und vor allem im Bereich des Verkehrs und der Industrie einen vergleichsweise hohen Anteil erreichen.

Zur Umsetzung der Europäischen Wasserstoffstrategie hat die EU bereits einige Schritte unternommen:

  • Unter anderem hat die Europäische Kommission im Juli 2020 die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff gegründet, in der über 750 Projekte miteinander kooperieren, um bis 2030 fast 9 Mio. Tonnen erneuerbaren Wasserstoff pro Jahr zu produzieren.
  • Die Europäische Kommission hat einen Online-Leitfaden zur öffentlichen Förderung von Wasserstoffprojekten eingerichtet, den sog. Hydrogen Public Funding Compass. Wer also ein neues Projekt angehen möchte, kann hier Informationen zu möglichen Förderungen abfragen.
  • Selbstverständlich ist das Thema Wasserstoff auch Teil des sog. Fit for 55-Pakets der Europäischen Kommission und des Europäischen Grünen Deals („Green Deal“). Im Fit for 55-Paket hat die Europäische Kommission unter anderem wesentliche Änderungen an der sog. RED II (Erneuerbare-Energien-Richtlinie II v. 11.12.2018) vorgesehen. Danach sollen erstmals EU-Benchmarks für die Nutzung erneuerbare Energien auch im Bereich der Industrie festgelegt werden. Ziel ist es bis 2030 50 % des in der Industrie eingesetzten Wasserstoffes aus erneuerbaren Energien (ohne Biomasse) zu erzeugen. Das heißt etwa 5 Mio. Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr. Für den Bereich Verkehr sollen noch einmal zusätzlich 5 Mio. Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr hinzukommen, auch insoweit werden entsprechende Ergänzungen der Richtlinie vorgesehen.
  • Kurz vor Weihnachten veröffentlichte die Europäische Kommission zuletzt Vorschläge für die Änderung der Gasbinnenmarktrichtlinie und der Fernleitungszugangsverordnung, in denen auch die Gestaltung des Wasserstoffmarktes eine bedeutende Rolle einnimmt. Vor allem zielt die Kommission auf eine klare Trennung von Gas- und Wasserstoffnetzen, was einigen Plänen in der Branche für eine kombinierte Nutzung bestehender Netze den Garaus machen würde. Noch ist offen, inwieweit das Europäische Parlament und der Rat die Vorschläge der Kommission unterstützen werden. Wir behalten den weiteren Prozess für Sie im Blick und werden hierauf in unserer Blog-Reihe zurückkommen.

2. Die deutsche Wasserstoffstrategie

Bereits die alte Bundesregierung sah im Wasserstoff den „Energieträger der Zukunft“ und hat eine Nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. In dieser geht es im Wesentlichen darum, wie grüner Wasserstoff zur Energiewende beitragen kann. Wie auch die Europäische Kommission sieht Deutschland hier erhebliches Potential in den Bereichen Industrie und Verkehr. Bis 2030 sollen Erzeugungsanlagen von bis zu 5 GW Gesamtleistung entstehen, bis 2035, jedenfalls aber 2040 noch einmal so viel. Zugleich soll Deutschland international eine Vorreiterrolle einnehmen und langfristig Weltmarktführer bei Wasserstofftechnologien werden. Gerade die Bereiche Forschung und Anlagenbau seien für „Klimaschutz made in Germany“ prädestiniert.

Angekündigt waren folgende Maßnahmen:

  • Überprüfung und Anpassung der „staatlich induzierten Preisbestandteile von Energieträgern“: Die bereits im Klimapaket enthaltene Reduktion der EEG-Umlage und CO2-Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Wärme werden allein nicht reichen. In der Diskussion stehen deswegen weitgehende Befreiung des zur Erzeugung benötigten Stroms von Abgaben, Umlagen und Steuern.
  • Möglichkeiten der Kooperation von Wasserstoffherstellern mit Strom- und Gasnetzbetreibern.
  • Förderung der Stromproduktion über Offshore-Windkraftanlagen.
  • Berücksichtigung des grünen Wasserstoffs in der Umsetzung der RED II.
  • Umfassende Förderprogramme für verschiedene Anwendungsfelder.
  • Gezielter Aufbau und Förderung internationaler Partnerschaften, insbesondere Fortentwicklung des bereits begonnenen Importprogramms H2Global.

Des Weiteren hat die Bundesregierung bereits eine Förderrichtlinie geschaffen, um nationale und internationale Wasserstoffprojekte zu fördern. Sie stellte für die Förderung nationaler Projekte insgesamt 7 Mrd. EUR zur Verfügung und für die Förderung internationaler Partnerschaften weitere 2 Mrd. EUR. Bei den internationalen Partnerschaften geht es vor allem darum den Einsatz hierzulande entwickelter Technologien zu fördern und Wege zu finden, den erwarteten erheblichen Importbedarf Deutschlands künftig zu decken. Die Bundesregierung geht davon aus, dass ab 2050 bis zu 45 Mio. Tonnen Wasserstoff jährlich importiert werden müssen.

Die neue Bundesregierung hat für 2022 ein „ambitioniertes Update“ der Nationalen Wasserstoffstrategie angekündigt und will u.a. die bis 2030 installierte Elektrolyseleistung mit 10 GW bereits doppelt so hoch ansetzen wie bisher geplant. Für die Übergangszeit soll neben grünem auch sog. blauer Wasserstoff eingesetzt werden. Und die öffentliche Hand soll in ihrer Beschaffung an eine bestimmte Quote an grünem Wasserstoff gebunden werden, damit Leitmärkte entstehen können. Es wird also noch spannend in diesem Jahr, wie das dann konkret umgesetzt werden soll.

3. Farbenlehre: Welche Farbe hat Wasserstoff? Und was hat das zu bedeuten?

Chemisch Interessierte wissen: Wasserstoff ist ein Gas, das grundsätzlich farblos ist. Was hat es also mit der „Farbe“ des Wasserstoffes auf sich? Man unterscheidet zwischen grauem, grünem, türkisem und blauem Wasserstoff. Die folgende Übersicht stellt dar, was darunter jeweils zu verstehen ist:

Grüner Wasserstoff ist in Deutschland inzwischen in § 12i Abs. 1 der Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV) definiert. Hierzu veröffentlichen wir in Kürze einen gesonderten Beitrag.

4. Für wen ist das Thema Wasserstoff wichtig?

Spannend ist das Wasserstoffthema natürlich für die gesamte Industrie, an die die Anforderungen der EU auch spezifisch gerichtet sind. Wasserstoff soll vor allem als Brennstoff oder Treibstoff fossile Energieträger ersetzen. Die bei der Herstellung anfallende Abwärme kann ebenfalls für industrielle Zwecke genutzt werden.

Aufgrund der Tatsache, dass für die Herstellung von Wasserstoff große Strommengen erforderlich sind, bietet es sich an, hier vor allem über dezentrale Projekte mit möglichst lokaler Stromversorgung vorzugehen. Es gibt auch erste Projekte mit einer lokalen Sektorenkopplung, das heißt einer lokalen branchenübergreifenden Wertschöpfungskette. Auch hier lohnt sich also der Blick links und rechts vom eigenen Zaun. Natürlich bietet sich das offenkundig vor allem für stromintensive Unternehmen an. Gerade der Gedanke der branchenübergreifenden Wertschöpfungsketten schließt aber auch Unternehmen ein, auf die das nicht unmittelbar zutrifft.

Insbesondere auch für Betreiber von Gewerbe- und Industrieparks wird das Thema Wasserstoff in den kommenden Jahren ein großes Thema sein. Schließlich sind sie prädestiniert für unternehmens- und branchenübergreifende lokale Wertschöpfungsketten und eine effiziente Nutzung des Wasserstoffs wie auch der anfallenden Abwärme. Auch aus diesem Bereich gibt es bereits erste Leuchtturmprojekte.

Zugleich bietet gerade dieses Umfeld neue Absatzmärkte für die Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen, die aus der Förderung herausfallen oder in Ausschreibungen keinen Zuschlag erhalten haben. Derzeit wird diskutiert, ob die Vergütung durch Wasserstoff als Speichermedium optimiert werden kann. Dabei handelt es sich aus unserer Sicht aber natürlich noch um Zukunftsmusik. Selbstverständlich werden wir auch diese Entwicklung aufmerksam begleiten.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts und des Kompetenzteams Erneuerbare Energien gerne zur Verfügung.

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