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Meine Lieferanten haben ihre Preise abgestimmt – wenn Nichtstun keine Alternative ist

01. Dezember 2020

Der Einkäufer fragte sich schon länger, warum die Lieferanten immer genau zum gleichen Zeitpunkt die Preise anheben. Jetzt wird es ihm klar, als er in der Presse von Durchsuchungen des Bundeskartellamts liest: Die Lieferanten hatten ihre Preise abgestimmt.

Wie sollten sich Kunden verhalten?

Das Kartellrecht verbietet, was die Lieferanten getan haben. Wahrscheinlich haben die Kunden zu viel bezahlt und einen Schaden erlitten. Deshalb muss die Geschäftsführung dies prüfen. Tut sie nichts, kann ihr später leicht vorgeworfen werden, gegen die Interessen des eigenen Unternehmens gehandelt zu haben. Dann drohen Schadenersatzansprüche gegen die (nicht) handelnden Personen.

Hilft mir das Kartellrecht?

Ja, das Kartellrecht enthält Vorschriften, die es für die Geschädigten eines Kartells leichter machen, ihre Ansprüche durchzusetzen. Zum Beispiel:

  • Wenn eine bestandskräftige Entscheidung einer Kartellbehörde vorliegt, müssen die Geschädigten den Kartellverstoß nicht noch einmal selbst vor Gericht beweisen.
  • Kartellermittlungen halten die Verjährung der Ansprüche der Kunden an. Sie können daher grundsätzlich den Abschluss der Ermittlungen abwarten, ohne dass ihre Ansprüche verjähren.
  • Das Recht vermutet zugunsten der Kunden, dass schwerwiegende Kartellverstöße wie Preisabsprachen zu einem Schaden geführt haben.

Wie hoch ist denn mein Schaden?

Der Schaden ist in erster Linie das, was die Kunden aufgrund des Kartells zu viel gezahlt haben. In vielen Fällen sind Kartellpreise ca. 15% überhöht. Das Gesetz erlaubt den Gerichten, den Schaden zu schätzen. Geschädigte müssen nur eine Schätzungsgrundlage präsentieren, z.B. indem sie die Preise während des Kartells mit den Preisen vor oder nach dem Kartell vergleichen oder mit den Preisen in einem anderen Land. Hilfe bieten ökonomische Sachverständige.

Von wem kann ich Ersatz verlangen?

Die Kunden sind in der Paschastellung. Sie können sich aussuchen, ob sie sich nur an einen oder mehrere Kartellanten wenden. Relevant kann z.B. die Zahlungsstärke der Kartellanten sein oder mit wem (oder mit wem gerade nicht) Geschäftsbeziehungen andauern.

Was sollten Kunden von Kartellanten konkret tun?

  • Wenn in der Presse über Kartellverfahren berichtet wird, sollten sie prüfen, ob sie möglicherweise zu den Geschädigten gehören.
  • Sie sollten Angebote, Rechnungen, Zahlungsnachweise etc. heraussuchen. Ohne diese Unterlagen wird es schwer, den Schaden zu schätzen. Eine Akteneinsicht bei den Kartellbehörden kann notwendig sein, um mehr über das Kartell zu erfahren, z.B. welche Produkte genau betroffen waren.
  • Sie sollten prüfen, wann ihre Ansprüche verjähren, d.h. bis wann spätestens Vergleichsverhandlungen stattfinden oder Verjährungsverzichte eingeholt werden müssen. Es gibt Verjährungsfristen, deren Lauf davon abhängt, dass der Kunde Kenntnis vom Kartell hat. Daneben gibt es aber auch kenntnisunabhängige Verjährungsfristen.

…und noch ein Praxistipp

Wie die Geschäftsführung mit dem Ergebnis umgeht, dass das eigene Unternehmen einen Kartellschaden erlitten hat, steht auf einem anderen Blatt. Das ist eine unternehmerische Entscheidung und sie kann u.U. auch lauten, keine Ansprüche geltend zu machen.

Dauern die Geschäftsbeziehungen zu den Lieferanten noch an, bietet es sich oft an, statt einer förmlichen Schadenersatzzahlung Rabatte auf die Einkaufspreise auszuhandeln. Ein Zivilprozess ist oft erst eine Option, wenn eine gütliche Einigung nicht in Betracht kommt. 
 

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