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Verbandsempfehlungen im regulatorischen Kontext: Französischer BPA-Fall zeigt Grenzen auf

22. Januar 2024

Die französische Wettbewerbsbehörde, die Autorité de la Concurrence, hat eine Kartellentscheidung veröffentlicht (siehe hier), die für Verbände von besonderer Bedeutung ist, da sie veranschaulicht, wo die „roten Linien“ des Kartellrechts und potenzielle Risiken im Zusammenhang mit sektorbezogenen regulatorischen Änderungen liegen.

1. Hintergrund

Im Jahr 2012 hat der französische Gesetzgeber ein Verbot von Bisphenol A (BPA) in allen Lebensmittelverpackungen beschlossen. Das Verbot trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Es gab eine lange Übergangsphase (damit die Lagerbestände aufgebraucht werden konnten), in der Lebensmittelverpackungen mit und ohne BPA gleichzeitig auf den Markt gebracht werden konnten. Das Verbot von BPA wurde damals u. a. in Frankreich heftig diskutiert, nicht nur unter Fachleuten, sondern auch in der breiteren Öffentlichkeit. Dementsprechend waren die einschlägigen Verbände in den Gesetzgebungsprozess eingebunden und arbeiteten während der Umsetzungsphase mit ihren Mitgliedern zusammen.

 

2. Feststellungen der Autorité de la Concurrence im BPA-Fall

Die Autorité hat festgestellt, dass von 2010 bis Mitte 2015 drei Verbände der Konserven-/Lebensmittelindustrie und die Gewerkschaft eines Konservenherstellers Maßnahmen getroffen haben, die den Wettbewerb über das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von BPA in Lebensmittelverpackungen in der Übergangsphase verhindern sollten. Die sanktionierten Maßnahmen waren Teil eines Gesamtplans zur Neutralisierung der Wettbewerbsrisiken, die sich aus der Markteinführung von BPA-freien Lebensmittelverpackungen ergeben. Kurz gesagt, stellte die Behörde zwei Verstöße fest:

- Die Hersteller wurden daran gehindert, das Nichtvorhandensein von BPA in ihren Lebensmittelverpackungen zu kommunizieren (wodurch der Wettbewerb über ein Element der Produktbeschaffenheit ausgeschaltet wurde),

- Die Hersteller wurden dazu angehalten, entgegen der entsprechenden Forderungen des Großhandels die Lieferung BPA-freier Konserven vor dem 1. Januar 2015 sowie die Einstellung des Verkaufs BPA-haltiger Konserven nach diesem Datum abzulehnen.

Die Autorité ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen, die wesentliche Wettbewerbsparameter betreffen, nämlich Informationen über die Zusammensetzung von Produkten (erster Spiegelstrich) und die Produkteigenschaften (zweiter Spiegelstrich), aufgrund ihrer Art, ihres Zwecks und ihres Kontextes wettbewerbswidrig sind. Die von den Befragten vorgebrachten Rechtfertigungen (insbesondere, dass der Sektor "destabilisiert" würde) reichten nicht aus, um sie zu entlasten.

Die Autorité ermittelte elf Unternehmen, die in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der drei Verbände der Konserven-/Lebensmittelindustrie an dem Kartell beteiligt waren. Gegen die insgesamt vier Vereinigungen und elf ihrer Mitgliedsunternehmen wurden Geldbußen in Höhe von insgesamt 19.553.400 EUR verhängt.

3. Relevanz für die Lobbyarbeit von Verbänden

Der französische BPA-Fall zeigt beispielhaft, wie schwierig es für Verbände ist, einerseits die Interessen ihres Sektors zu vertreten und andererseits das Wettbewerbsverhalten ihrer Mitglieder nicht durch unerlaubte Empfehlungen oder ähnliches zu koordinieren.

Dieses Gleichgewicht zu halten ist in Zeiten hohen Regulierungsdrucks besonders herausfordernd, z.B. wenn eine Gesetzesänderung die große Mehrheit eines Sektors unter Druck setzt, sich an den neuen Rechtsrahmen zu halten. Dennoch müssen alle Maßnahmen zur "Entlastung" vom Wettbewerbsdruck oder zur sonstigen Angleichung der Mitgliedsunternehmen mit dem Kartellrecht vereinbar sein.

Deshalb müssen Verbände bei der Diskussion und Veröffentlichung von "Positionspapieren" und "Empfehlungen" an ihre Mitglieder besonders vorsichtig vorgehen.

 

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