In unseren Praxisinfos vom 11.09.2020 und vom 26.01.2021 haben wir bereits über die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sowie über die befristete Corona-Arbeitsschutzverordnung berichtet. Nun das Update!
Praxisinfo Arbeitsrecht: Corona-Arbeitsschutz und verlängerte „Homeoffice-Pflicht“ – Update für die Praxis
08. März 2021
Corona-Arbeitsschutzverordnung
Die zunächst bis zum 15.03.2021 befristete Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) wurde, durch die Beschlüsse in der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 03.03.2021, bis zum 30. April verlängert. Zu beachten sind daher weiterhin folgende Arbeitsschutzregeln:
- Mindestabstands von 1,5 m zu anderen Personen
- Tragen von Mund-Nasen-Schutz (wo Abstand nicht eingehalten werden kann)
- Arbeitgeber müssen medizinische Gesichtsmasken, FFP2-Masken oder in der Anlage bezeichnete vergleichbare Atemschutzmasken zur Verfügung stellen
- Arbeitgeber müssen Flüssigseife und Handtuchspender in Sanitärräumen bereitstellen
- Regelmäßiges Lüften
- Arbeitgeber sind verpflichtet Homeoffice anzubieten, wenn zwingende betriebsbedingte Gründe nicht entgegenstehen
- Kontaktreduzierung und geeignetere Schutzmaßnahmen (z.B. wo Kontakte nicht vermieden werden können
- Wenn mehrere Beschäftigte gleichzeitig Räume nutzen, dann müssen pro Person 10 m² zur Verfügung stehen
- Beschäftigte sollen in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten in möglichst kleine, feste Arbeitsgruppen eingeteilt werden
Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 30.000,- EUR.
Rechtsprechungs-Info
Vor dem Hintergrund der nunmehr bis zum 30. April 2021 verlängerten „Homeoffice-Pflicht“ ist auch das nachfolgende Urteil erwähnenswert. Das Arbeitsgericht Berlin (ArbG Berlin, Urteil vom 10.08.2020 - 19 Ca 13189/19) hatte entschieden:
Selbst wenn kein Anspruch auf Homeoffice besteht, ist die Möglichkeit des Homeoffice als milderes Mittel gegenüber einer Änderungskündigung anzusehen.
Sachverhalt
- Stilllegung einer Niederlassung in Berlin und Änderungskündigung gegenüber Klägerin, dass Tätigkeit in Wuppertal fortgesetzt werden könne
- Klägerin gab an, dass Ihre Tätigkeit vollkommen digitalisiert und die technische Infrastruktur zu Hause vorhanden sei
Entscheidungsgründe
- Änderungskündigung aus Sicht des Arbeitsgericht Berlin unwirksam
- Zwar gebe es keinen grundsätzlichen Anspruch auf einen häuslichen Arbeitsplatz, doch kann die Änderung der Arbeitsbedingungen im Einzelfall auch darin bestehen, dass der Arbeitnehmer zukünftig seine Tätigkeit von zu Hause erbringt
- Die Beklagte hatte aus Sicht des Gerichts – trotz Hinweises – nicht dargelegt, warum eine physische Präsenz der Klägerin zur Erfüllung der arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben notwendig sei
- Die Klägerin hingegen hatte aus Sicht des Gerichts substantiiert vorgetragen, dass ihre Tätigkeit insoweit digitalisiert sei, dass sie diese auch von zu Hause aus erbringen könnte und die technische Infrastruktur vorhanden sei.
- Auch sei das häusliche Arbeiten aufgrund einer „Rahmenrichtlinie“ üblich
Hinweise
- Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg bleibt abzuwarten
- Arbeitgeber müssen jedoch damit rechnen, dass die Arbeitsgerichte vermehrt das Homeoffice als milderes Mittel zur Änderungskündigung prüfen werden (insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitig bestehenden „Homeoffice-Pflicht“)
- Um dem entgegenzutreten sind vom Arbeitgeber konkrete Argumente vorzutragen, welche die Homeoffice-Möglichkeit ausschließen
Für Rückfragen steht Ihnen die Praxisgruppe Arbeitsrecht gerne zur Verfügung!
SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel aktualisiert und am 22.02.2021 veröffentlicht. Im Wesentlichen sind folgende Änderungen vorgenommen worden:
Abtrennungen (Ziffer 4.2.1. Abs. 4)
- Die Höhe von Abtrennvorrichtungen (z.B. Plexiglasscheiben) muss mindestens
- 1,50 m zwischen sitzenden Personen,
- 1,80 m zwischen sitzenden und gegenüberstehenden Personen und
- 2,00 m zwischen stehenden Personen betragen - Hinsichtlich der Breite soll ein Sicherheitsaufschlag von 30 cm erfolgen
Lüftung (Ziffer 4.2.3)
- Grundsatz: Es muss ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft, in der Regel in Außenluftqualität, vorhanden sein
- CO²-Konzentration kann zur Bewertung der Luftqualität herangezogen werden, dabei kann die Konzentration auf zwei Wegen ermittelt werden:
- Messgeräte: bis 1.000 ppm ist noch Akzeptabel oder
- Berechnung: Lüftungsintervalle anhand von Raumvolumen, Personenbelegung, körperlicher Aktivität und Luftwechsel bestimmen - Lüftungsdauer (Stoßlüften) soll im Sommer mindestens zehn Minuten und im Winter mindestens drei Minuten
- Besprechungsräume sind vor der Benutzung zusätzlich zu lüften
- Geringes Risiko bei sachgerechter Einrichtung raumlufttechnischer Anlagen (RLT-Anlagen) und
- ausreichend hoher Außenluftanteil zugeführt wird oder
- die RLT-Anlagen geeignete Filter oder andere Einrichtungen zur Verringerung der Viruskonzentration verfügen - Umluftbetrieb bei RLT-Anlagen soll, sofern diese nicht über geeignete Einrichtungen zur Verringerung einer möglichen Konzentration von virenbelasteten Aerosolen im Raum verfügen, vermieden werden
- RLT-Anlagen sollen während der Arbeitszeit nicht abgeschaltet werden und dabei vor sowie nach der Nutzungszeit der Räume vor- und nachlaufen (z.B. je etwa zwei Stunden)
- Bei Sekundärluftgeräten, die lediglich die Raumluft umwälzen (z.B. Ventilatoren, mobile Klimageräte etc.), muss ein ausreichender Luftaustausch mit Außenluft sichergestellt sein
- Luftreiniger dürfen nur ergänzend zu den Lüftungsmaßnahmen eingesetzt werden
Gesichtsschutzschilde (Ziffer 4.2.13)
- Mund-Nase-Bedeckungen werden durch Gesichtsschutzschilde sowie durch Klargesichtsmasken nicht ersetzt
Für Rückfragen steht Ihnen die Praxisgruppe Arbeitsrecht gerne zur Verfügung!
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