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Soziale Taxonomie: Das Integrieren sozialer Aspekte in globale Wirtschaftstätigkeiten

25. Juli 2022

Eine Zielsetzung des Europäischen Parlaments, die in der Praxis einige Tücken mit sich bringt.

Bereits im Jahr 2020 wurde seitens des Europäischen Parlaments eine Nachhaltigkeits-Taxonomie entworfen, die gewisse ökologische Mindeststandards und Mindestgarantien im Wirtschaftssektor regeln soll. Darauf aufbauend bzw. daran anlehnend wurde seitens der Expertengruppe der EU für nachhaltiges Finanzwesen (Platform on Sustainable Finance) nun eine weitere Empfehlung ausgesprochen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um eine sozial nachhaltige Wirtschaftstätigkeit zu gewährleisten. Aus diesem entworfenen einheitlichen Klassifikationssystem wird schnell deutlich, dass ein bedeutendes Bedürfnis nach einer Interaktion von sozialen und ökologischen Transformationskriterien besteht. Ökologische und soziale Mindestgarantien sollen somit wechselseitig als Bestandteil der jeweiligen Taxonomie anzusehen sein.

Problematisch, vor allem im Vergleich zur zuvor festgelegten Nachhaltigkeits-Taxonomie, ist die Tatsache, dass eine Definition des sozialen Begriffes Schwierigkeiten bereitet. Während bei der Festlegung von ökologischen Mindeststandards auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden kann, gibt es keine allgemeinen Standards, die den Sozialbegriff näher eingrenzen und an denen eine soziale Taxonomie ausgerichtet werden kann.

Strukturell lässt sich die am 28. Februar 2022 veröffentlichte soziale Taxonomie in eine horizontale und eine vertikale Dimension einteilen. Auf horizontaler Ebene bzw. Dimension erfolgt eine Betrachtung von Zielen und Risiken der sogenannten Stakeholdergruppen. Die Platform on Sustainable Finance hat dafür, in Anlehnung an die CSR – Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive), zwischen drei Stakeholdergruppen differenziert und gesondert spezifische Ziele und Unterziele definiert. Unterschieden wird zwischen:

  • Arbeitern: Als grundlegend für die Arbeiter gilt eine anständige Arbeit mit annehmbaren, menschenwürdigen Arbeitsbedingungen. Negative Prozesse wie beispielsweise das Lohndumping in der Agrarwirtschaft oder auch zu geringe Löhne im gesamten Textilsektor sollen ausgebessert werden.
  • Verbrauchern: Hinsichtlich der Verbraucher wurde als Ziel ein angemessener Lebensstandard festgelegt, der sich maßgeblich durch die Gewährleistung von Gütern wie Wohnen, Nahrung, Internet und Elektrizität auszeichnet.
  • Gesellschaft: Im Hinblick für die Gesellschaft kommt es vor allem auf die Beachtung der Prinzipien der Inklusion und Nachhaltigkeit an. Als wichtig in diesem Zusammenhang wird erachtet, dass sich gerade die Riege des oberen Managements durch eine Vielfalt von Personen verschiedenen Geschlechtes, sozialen Hintergrundes und Erfahrung auszeichnet, um ein gewisses Diversity Management zu garantieren.

Unter der vertikalen Ebene bzw. Dimension wird die Betrachtung von Produkten, Dienstleistungen und auch Investitionen verstanden, die Auswirkungen auf die zuvor formulierten Ziele der Stakeholdergruppen haben. Typische Themen sind hierbei die Lobbyarbeit oder auch die Besteuerung von Produkten, welche gerade auch im Arbeitsmarkt weitreichende Folgen haben können.

Die soziale Taxonomie soll also maßgeblich darauf abzielen sämtliche Interessen in Bezug auf Menschen- und Arbeitsrechte besser zu wahren und die Praxis der Bestechung und der Korruption einzuschränken. Problematisch wird sein, dass die festgelegten Ziele von den Unternehmen, gerade mit Blick auf die globalen Lieferketten, selbst umgesetzt werden müssen. Dafür bedürfte es aller Voraussicht nach noch einer weiteren Priorisierung der einzelnen Ziele und auch Unterziele, damit eine Entwicklung hin zu der Einhaltung sozialer Mindeststandards erfolgen und diese im Zusammenspiel mit den ökologischen Garantien besser gewährleistet werden können. Es bleibt abzuwarten, was und in welchem Umfang die EU hiervon umsetzen wird.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts gerne zur Verfügung.

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